Martina Friedli bei der Arbeit

Chinderzytig

Hunderte Arbeitsstunden für ein kostenloses Kindermagazin

Wer tut so was?

Für die meisten von Ihnen mag die Chinderzytig ein Magazin sein, welchem Sie auf dem Gurten begegnen. Wirklich wahrgenommen haben Sie es wohl kaum, denn es ist, wie der Titel bereits verrät, für Kinder. Vielleicht schauen Sie in Zukunft die Gurtenzeitung für Kinder nach diesem Beitrag mit anderen Augen an. Die erste Chinderzytig entstand aus einer Kooperation zwischen dem Kulturprozent der Migros Aare und dem Gurten – Park im Grünen.  Die Chinderzytig Nr. 1 wurde 2016 unter der redaktionellen Leitung von Michaela von Siebenthal herausgegeben. Eine später folgende Neuorganisation innerhalb der Migros Aare hatte zur Folge, dass die Zeitung seit 2021 nur noch finanziell, aber nicht mehr personell unterstützt wird. (Lucky me, denn ich durfte das Projekt Chinderzytig weiterziehen).
In diesem kostenlosen Kindermagazin stecken hunderte Arbeitsstunden. Kaum zu glauben, oder? Rein für die redaktionelle Planung wie Themensuche, Recherchen, Texte schreiben, Auftragsverteilung und vieles mehr werden mindestens 100 Stunden gebraucht. Dabei sind die Illustrationen noch nicht einberechnet, denn diese benötigen zusätzliche 130 Arbeitsstunden.

Ohne Migros-Kulturprozent wäre dies nicht möglich
Wenn wir alle Arbeitsstunden aller Beteiligten zusammenzählen, kommen wir auf rund 300 Stunden (Zum Vergleich: Ein Monat bei einer 100%-Anstellung hat ca. 180 Arbeitsstunden). 15 000 Auflagen werden jeweils von der jährlich erscheinenden Zeitung gedruckt. Die Chinderzytig ist werbefrei und kostenlos, daher tragen wir als Herausgeber alle Kosten. Ohne das Engagement und die Unterstützung des Migros-Kulturprozents wäre die Chinderzytig in diesem Umfang nicht realisierbar. 

Wichtige Themen kindergerecht dargestellt
Wie wohl die meisten Erwachsenen haben Sie die Zeitung noch nicht geöffnet, geschweige denn gelesen. Wir sind überzeugt, dass selbst Sie ein Schmunzeln im Gesicht hätten, wenn Sie die Witze und Verse lesen würden. Doch es gibt nebst den Rätseln noch anderes zu entdecken. Wir versuchen, der nächsten Generation verschiedene gesellschaftsrelevante Themen mittels anschaulicher Beispiele näher zu bringen. So wurden in den letzten Ausgaben Themen zur Klimaproblematik wie auch zu Tieren aus unserer Umgebung vermittelt. Welche Auswirkungen hat eine globale Klimaerwärmung und was bedeutet dies für den Gurten? So wurde in der Ausgabe Nr. 4 (2021) aufgezeigt, dass Schlittelaktivitäten auf tiefergelegenem Gebirge wie dem Gurten immer mehr zurückgehen werden. Kein spontaner Schlittelausflug auf den Gurten, dafür mehr Regen und matschige Tage. Der Vers von Lorenz Pauli bringt es auf witzige Weise auf den Punkt:

Pfludiwinter
We’s geng rägnet anstatt schneit,
ds Schlittle drum ids Wasser gheit,
muesch halt chli flexibel sy.
Glungge-Söörfe! Bisch derby?

Suech e Glugge, läng u breit,
seckle los, so schnäll wie’s geit.
Gump! Es sprützt nach überall!
Gump nomal, das fägt total. 

Klar bisch nächär pfludinass.
Houptsach isch, der Spass isch krass.
U vo wäge Suberkeit:
D Wöschmaschine steit bereit*.

* «bereit» heisst eigetlech im Bärndütsch «parat», das riimt sech aber uf «Salat», u um dä geits hie nid.

Bei der aktuellen Ausgabe haben wir uns auf die regionale Honigbiene konzentriert. Inspiriert vom schlechten Sommer und dessen Folgen der kärglichen Honigernte. Eine Biene, welche ein Kind wohl eher an einen schmerzhaften Bienenstich erinnert anstatt an den wichtigen Beitrag im Ökosystem.  Mittels süsser Zeichnungen, Witzen und Rätseln bringen wir das ansonsten eher unbeliebte Insekt den Kindern näher. Durch diese Imageaufwertung und Sensibilisierung hoffen wir, den Kindern eine nachhaltige Beziehung zur Natur und Rücksichtnahme auf die Tierwelt mitzugeben. 

Mittels Zeichnungswettbewerb bringen wir die Kinder dazu, sich mit dem Tier auseinanderzusetzen und es in ihren Augen zu zeichnen. Hier ein paar herzerwärmende Zeichnungen zum Thema Igel aus der Chinderzytig Nr. 4 (2021):
 
Kinderzeichnungen vom Igel.
Martina Friedli – Illustratorin und der Star der Chinderzytig 
15 000. So viele Zeitungen werden gedruckt und so viele Kinder lesen sie oder schauen sie zumindest an. Martina Friedli ist seit 2017 als Grafikerin und Layouterin im Team der Chinderzytig. Sie macht den wichtigsten Teil unserer Mission: Sie macht Themen anschaulich, greifbar und das wichtigste – sie macht sie kinderverständlich. Ihre Zeichnungen sind selbsterklärend und haben den «Jöööh-Effekt».  

Du bist seit 2017 bei der Mitarbeit und seit 2021 allein für die grafische Umsetzung der Chinderzytig verantwortlich. Wie sieht dein Kreativprozess bei der Gestaltung aus?
Martina: Natürlich wird zuerst immer das Briefing gelesen, was der Auftraggebende wünscht. Dann lasse ich das Thema auf mich einwirken, dies passiert nicht am Arbeitsplatz, sondern wenn ich unterwegs bin oder sonst etwas mache. Meistens habe ich nach diesem Prozess schon eine konkrete Vorstellung. Wenn es so weit ist, sitze ich hin, am Arbeitsplatz oder wo es mich gerade übernimmt, und beginne in mein Skizzenbuch mit Bleistift zu skizzieren. So genannte Daumenskizzen. Diese Kritzeleien heissen so, weil sie nur so gross wie ein Daumen sind. Dabei habe ich mich auf die Titelseite konzentriert, weil das der wichtigste Teil ist. Ist die erste Seite ansprechend, wird das Magazin auch gelesen. 
Der schwierigste Teil ist somit überwunden. Die Skizzen zeichne ich dann rein am PC, dort kann ich einfach Anpassungen vornehmen und mit den Farben ausprobieren. 


Wie frei kannst du dich gestalterisch ausleben? Gibt es konkrete Vorgaben für die grafische Umsetzung?
Martina: Bei der Chinderzytig kann ich mich sehr frei ausleben. Hier sind Themen und Wünsche vorgegeben, aber wie das genau aussehen soll, wird mir überlassen. Bei diesem Auftrag schätze ich es sehr, dass ich mein Kind in mir rauslassen kann – dass ich so viele Farben benutzen kann, solche lustigen Zeichnungen erstellen kann und einfach mal wieder wie ein Kind denken. Bei meinen sonstigen Aufgaben arbeite ich meist in Schwarz-Weiss und mehrheitlich mit geraden Linien. Ich liebe es, die Reaktion meiner drei Göttibueben zu beobachten, wenn sie dann die fertige Chinderzytig anschauen. Strahlen sie, habe ich alles richtig gemacht. 

Welches sind die Schwierigkeiten bei der Gestaltung einer Chinderzytig?
Martina: Bei meiner ersten Chinderzytig habe ich in erster Linie das Layout gemacht. Damals habe ich nur einzelne Illustrationen beigesteuert, die meisten stammten damals von Rahel Winiger. Jetzt ist alles meine Kreation: die Illustrationen und das ganze Layout. Es ist ein Fluch und Segen zugleich, denn ich kann alles aufeinander abstimmen. Doch fehlt dadurch manchmal die Distanz zu der Arbeit und ich werde projektblind. Bedeutet, ich habe nur meine Ansicht und für mich ist alles logisch, obwohl die Realität anders aussehen kann. Für diese nötige Distanz gebe ich meine Arbeit einer Berufskollegin, diese gibt dann ihre kritische Meinung dazu. So können wir uns gegenseitig unterstützen und gute Arbeiten verrichten. 
Die Arbeit an der Chinderzytig macht mir grossen Spass und ich freue mich immer sehr, die fertigen Exemplare beim Gurtebähndli oder im Tapis Rouge zu sehen.
Markom Managerin Tatjana Schär beim Ostsignal

Autorin

Tatjana Schär

Markom Managerin

Martine Friedli bei der Arbeit. Auf der linken Seite sieht man einen Ausschnitt aus dem Skizzenbuch mit den
Helfen Sie mit, die Chinderzytig zu gestalten!
Teilen Sie unser Vorhaben, die junge Generation auf diese süsse, witzige Art für verschiedene gesellschaftliche Themen zu sensibilisieren? Wir würden uns freuen, wenn wir Sie einmal beim «glüüslen» der Chinderzytig erwischen. Haben Sie Ideen oder Anregungen? Schreiben Sie uns hier.
 

Migros-Kulturprozent

Die Idee des Migros-Kulturprozent geht auf Migros-Gründer Gottlieb Duttweiler zurück. Das Migros-Kulturprozent ist ein freiwilliges Engagement der Migros in den Bereichen Kultur, Gesellschaft, Bildung, Freizeit und Wirtschaft. Mit seinen Institutionen, Projekten und Aktivitäten ermöglicht es einer breiten Bevölkerung Zugang zu kulturellen und sozialen Leistungen.

Neben der Chinderzytig werden auf dem Gurten auch andere Events wie die Spielparkeröffnung und das Herbstfest durch das Migros-Kulturprozent finanziert, so dass diese Anlässe für eine breite Bevölkerung kostenlos angeboten werden können.

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